Immobilienberatung in Sondersituationen

Konversionsflächen: Chancen und Risiken

Seit Jahren steigen die Kaufpreise für Wohnimmobilien - nun kommen erschwerend auch noch die Zinserhöhung sowie steigende Bau- und Materialpreise hinzu. Das Problem bleibt dennoch bestehen, selbst wenn die Nachfrage vorübergehend sinkt: Es mangelt weiterhin an Wohnraum. Und das ganz besonders dort, wo es die wenigsten verfügbaren Grundstücke gibt. 

Daniel Bethge
Direktor im Bereich Distressed Real Estate bei der Angermann Consult GmbH

Doch gerade in diesem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld ergeben sich unerwartete Möglichkeiten. So erlebt die Angermann Consult regelmäßig entsprechende Fälle, die sich alle nach einem ähnlichen Muster abspielen.  


Alteingesessene Unternehmen, die ursprünglich am Stadtrand angesiedelt waren, sind über die Jahrzehnte vom Wachstum der Stadt überholt worden. Sie finden sich nach 50 bis 100 Jahren in einer mehr oder weniger zentralen Lage wieder. Speziell Unternehmen des produzierenden Gewerbes haben - solange es die Gegebenheiten des Grundstückes zuließen - den steigenden Flächenbedarf durch Anbauten kurzfristig kompensiert. Das hat über die Jahre dazu geführt, dass erstens die Flächen keinem modernen Standard genügen,  zweitens der Brandschutz zum Thema geworden ist,  drittens der Instandhaltungsaufwand stetig gestiegen ist und viertens die Produktion durch viele kleine Kompromisse am Laufen gehalten wurde. Das Resultat: Die Defizite der Produktionsimmobilie und die gewachsenen Nachteile des Standortes (wie z.B. erschwerte Erreichbarkeit) haben sich zunehmend negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ausgewirkt. 


Doch die Einsicht für eine Standortverlagerung kommt oft zu spät. Für entsprechende Unterfangen fehlen oft die Kapazitäten und die Kapitalreserven.  Manchmal ist es auch die fehlende Nachfolgeregelung oder aber die Verweigerung zusätzlicher Kredite der finanzierenden Bank, die dem Unternehmen dann schlussendlich die Puste ausgehen lässt. Daher enden solche Fälle nicht selten entweder in einer geregelten Geschäftsaufgabe oder in der Insolvenz. 
 

Zunächst wird dann versucht, das Unternehmen über einen M&A-Prozess an einen Investor oder einen Wettbewerber zu verkaufen. Sollte das Unternehmen aber nicht über wertvolle Patente oder Schlüsseltechnologien verfügen, ist auch dies oft nicht mehr möglich. Entsprechend folgt dann der Abverkauf aller Maschinen und Anlagen, und zurück bleibt am Standort nur die Immobilie.

 
Über diese neuen Entwicklungspotentiale freut sich die Immobilienwirtschaft, auch wenn hier sicher nicht das schnelle Geld verdient wird. Denn bevor die Bagger anrollen können, bedarf es nicht selten einer Bebauungsplanänderung. Das zuständige Bauamt wird von solchen Anfragen meist überrascht und kann hier selten durch Geschwindigkeit glänzen. Driften dann die Vorstellungen für die Planung einzelner Fraktionsmitglieder stark auseinander, kann hier zeitnahe Planungssicherheit ausgeschlossen werden.
 

Mögliche Altlasten und die dazugehörige Bereinigung können dann schon frühzeitig die Wirtschaftlichkeit einer möglichen Projektentwicklung in Frage stellen. Übersteigen die Abriss-, Bodensanierungs- und Baukosten den zu erwartenden Ertrag aus dem Verkauf der Immobilie, wird sich kein Projektentwickler einem solchen Projekt annehmen. 


Damit dann jedoch nicht die ganze Stadt einer Industrieruine in prominenter Lage beim Verfall zugucken muss, bestehen verschiedene Möglichkeiten dem entgegenzutreten. Für die Gemeinden gibt es erst einmal die Möglichkeit, sich direkt an den Abriss- und Bodensanierungskosten zu beteiligen. Oft bieten auch die Bundesländer, je nach Art der notwendigen Bodensanierung, verschiedene Fördertöpfe an. Zusätzlich können die Kosten durch Fördermittel der EU um bis zu 50 % reduziert werden. Gerade für B- und C-Städte ist das oft die einzige Möglichkeit, eine langfristige Brachfläche zu verhindern und stattdessen Flächen zu revitalisieren. 


Fazit: Auch wenn in Zeiten von politisch geforderter, innerstädtischer Nachverdichtung, Konversionsflächen wie gerufen kommen, halten diese ebenso viel Konfliktpotential parat. Stetig wachsende Planungsauflagen der öffentlichen Hand stehen oft der Wirtschaftlichkeit eines Projektes im Weg. Trotzdem können Fördermöglichkeiten für die Bodensanierung sowie mögliche Zugeständnisse des Bauamtes während des B-Planverfahrens das Projekt retten. 
 

Weitere Artikel