Neue Wege für mittelständische Automobilzulieferer
Die zahlreichen Krisen der Automobilindustrie brachten für die zumeist mittelständischen Zulieferer der gesamten Automotive-Wertschöpfungskette in den letzten Jahren drastische wirtschaftliche Herausforderungen. Liquiditätsengpässe konnten durch politisches Agieren zwar bedingt überbrückt werden, doch die stark angestiegenen Material- und Energiekosten bringen nun auch etablierte und bislang gesunde Unternehmen in existenzbedrohendes Schwanken.
Der permanent steigende Bedarf an Mobilität von Personen und Gütern zeigt sich auch in Krisenzeiten – sei es an explodierenden Preisen für Gebrauchtwagen oder Trends wie die elektrischen Roller, die das heutige Bild der Städte bereits prägen. Hier spiegelt sich auch das steigende Anspruchsdenken der Kunden wider.
Ein Musterbeispiel für die Situation in der Branche ist ein metallverarbeitender Automotive-Supplier, der mit Präzisionsdrehteilen eine seit Jahrzehnten renommierte Marktposition innehat.
Im Zuge eines Restrukturierung- / Sanierungsprozesses wurde das Produktportfolio und die Kundenstruktur auf den Mobilitätswandel mit Fokus auf E-Mobility angepasst.
Mit einer 13-Wochen-Liquiditätsplanung konnte die Liquidität über viele Monate hinweg gesteuert werden. Zusätzlich wurde ein paralleler M&A Prozess mit Angermann Consult angestoßen, um eine nachhaltige Nachfolgeregelung für den familiengeführten Betrieb zu erzielen.
Durch die Auswirkungen des Ukrainekriegs, in Form von nicht abgerufenen Bestellmengen oder Preiserhöhungen, die nicht zeitnah an den Kunden weitergegeben werden konnten, musste das Unternehmen jedoch die Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden. Die gerichtliche Zustimmung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung brachte realistischere Aussichten auf eine erfolgreiche Fortführung des Unternehmens.
Angermann Consult führte den M&A-Prozess, erneut beauftragt durch die Eigenverwaltung, mit einer ausgewählten Investorenrunde fort. Ein insolvenzrechtlicher Berater einer renommierten Kanzlei unterstützte die Eigenverwaltung, welche zuvor als Geschäftsführung agierte.
Durch die Übernahme eines Investors kann schließlich eine Hebung von Synergieeffekten und eine neue Positionierung am Markt aufgebaut werden. Damit würde zugleich die Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt, wodurch der Produktionsstandort erhalten werden kann. Die Möglichkeit der Anpassung der Rahmenbedingungen stellte hierbei den größten Vorteil der gerichtlich angeordneten Sanierung in Eigenverwaltung dar.
Ein weiteres Beratungsmodul bei Angermann Consult ist Distressed Real Estate. Auch in diesem Projekt konnte die im Eigentum der Unternehmerfamilie stehende Betriebsimmobilie - eingebunden in den M&A Prozess - veräußert werden.
Der gesamte Prozess unterstreicht, dass die Transformation der Automobilbranche heute die größte Herausforderung der Automobilhersteller und ihrer Zulieferer ist. Der Wandel zu innovativen und autonomen Technologien sowie auch zu umweltfreundlichen Antriebstechniken schreitet deshalb in allen Gliedern der Zulieferkette rasch voran. Starre Strukturen mit geringer Flexibilität, mangelnde Liquiditäts- und Kapitalausstattung und eine schwache Verhandlungsposition durch hohe Abhängigkeiten von wenigen bedeutenden Kunden zeigen hingegen das Bild eines zu transformierenden Unternehmenstypus.
Die Kooperation oder der Zusammenschluss mit strategischen Partnern mit einem zeitgemäßen Geschäftsmodell eröffnet besonders mittelständischen Zulieferunternehmen die Möglichkeit, neue Wege zu bestreiten. Einen bedeutenden Anteil tragen auch die finanzielle Restrukturierung und Stabilisierung, welche gerade in Zeiten deutlich schwankender Einkaufspreise für Material und Energie sowie Personalmangel von besonderer Bedeutung sind.
Der historisch stabile Mittelstand war stets Quelle technologischer Innovationen und treibender Motor der deutschen Wirtschaft. Gelingt es mittständischen Automobilzulieferern, den Weg der Transformation erfolgreich mitzugehen, wird es sicher auch in dieser Branche noch lange so bleiben.
