Unternehmensberatung:

teNeues Verlagsgruppe

Unternehmenskrisen sind in der Regel ein schleichender Prozess. Die Ursachen, wie z.B. eine ungeregelte Nachfolge, werden dabei häufig nicht oder nicht rechtzeitig erkannt. Dadurch entwickelt sich die Krise mit ihren Ursachen und Symptomen oftmals über Jahre hinweg, durchläuft dabei verschiedene Krisenstadien und birgt zunehmend die Gefahr einer Insolvenz. 

Sanierungskonzept als Einstieg in den Transformationsprozess

von Thorsten Holland und Finn Hanke

Die teNeues Gruppe ist ein international tätiger Verlag für Corporate Publishing Erzeugnisse und hochwertige Bücher für den Handel. Programmschwerpunkte sind u.a. Fotografie, Design, Kunst und Automobil. Der Kundenkreis umfasst viele namhafte Marken aus dem Konsumgüter- und Industriebereich. 
Aufgrund des plötzlichen Ablebens des geschäftsführenden Gesellschafters und einer unklaren Nachfolgesituation sowie einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung empfahlen die Hausbanken dem teNeues Verlag, eine Unternehmensberatung zu mandatieren. 
 

Thorsten Holland
Geschäftsführender Partner Angermann Consult GmbH

Kernbestandteil des beauftragten Sanierungskonzeptes (IDW S6 sowie Mindestanforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung) war die Darstellung der wirtschaftlichen Ausgangslage 2017 bis 2019 sowie die Analyse von Krisenursachen. Die zu überprüfende Unternehmenskonzeption mündete in einer Darstellung des sanierten Unternehmens einschließlich aller Maßnahmen zur Erreichung dieser Situation. Eine integrierte Unternehmensplanung bestehend aus Ergebnis-, Finanz- und Bilanzplanung 2020 bis 2022 wurde erarbeitetet. Dabei galt es auf Grundlage einer Basisplanung notwendige Restrukturierungsmaßnahmen zur Wiedererlangung einer positiven Ergebnissituation in ihrer Wirkung zu Berücksichtigen und den sich ableitenden zusätzlichen Finanzmittelbedarf aufzuzeigen. Angermann Consult leitete leistungswirksame und liquiditätswirksame Maßnahmen ein, durch die bereits im Jahr 2020 erhebliche Kostenersparnisse erzielt werden konnten.

Finn Hanke
Consultant Angermann Consult GmbH

Mit dem Sanierungskonzept wurde ein Transformationsprozess angestoßen, der drei wesentliche Maßnahmenfelder umfasste:


Neuausrichtung der Führungsstruktur


Die Neuausrichtung der Führungsstruktur war notwendig, da die Position des Geschäftsführenden Gesellschafters fehlte, aber auch die bisher familiengeführte Verlagsgruppe fokussiert neu aufgestellt wurde. Dabei reduzieren sich auch die operativen Führungspositionen auf Verlag, Vertrieb, Einkauf und kaufmännische Leitung.


Digitalisierung der Vertriebsaktivitäten


Die Digitalisierung der Vertriebsaktivitäten mit einem externen Dienstleister machte es möglich, mit einem fokussierten Auftritt den Buchhandel in Deutschland in der Breite anzusprechen. Zugleich konnte so, trotz der begrenzten personellen Ressourcen eines Mittelständlers, auch die Kunden erreicht werden. Der Dienstleister platzierte im Zuge dessen das fokussierte Verlagsprogramm neben weiteren Buchsegmenten und kam dadurch zu erheblich mehr und qualifizierteren Kundenkontakten. Das Corporate Book Programm wurde weiterhin persönlich für Key Account Kunden vertrieben.


Operative Transformation


In einer operativen Transformation wurde der gesamte Logistikprozess, der bislang komplett eigenständig bearbeitet wurde, aufgrund seiner Unwirtschaftlichkeit auf einen Fremddienstleister transformiert. Dieser Schritt umfasste die Wareneingangslogistik, Lagerung, die auftragsbezogene Kommissionierung sowie die Ausgangslogistik. 

 

 

Die Konfektion der Bücher, Auswahl der Materialien und entsprechenden Bezugsquellen sowie Qualifizierung der Druckereien erfolgten weiterhin durch die Einkaufs- und Betriebsleitung.
Das erstellte Sanierungskonzept zeigte eine Finanzierungslücke auf, über deren Deckung, von Angermann Consult moderiert, Gespräche zwischen der Gesellschafterfamilie (3 Generationen) und den beiden Hausbanken begonnen wurden. 


Während der begonnenen Restrukturierungsphase wurde die Liquiditätsentwicklung der Verlagsgruppe in einem rollierenden 13-Wochen Liquiditätsforecast regelmäßig transparent gehalten. 
Da sich die Gesellschafterfamilie über die Nachfolgeregelung nicht abschließend klar wurde, kam es unregelmäßig zu Anfragen potentieller Kaufinteressenten, die an den angestellten kaufmännischen Geschäftsführer weitergeleitet wurden. Um diese Anfragen zu strukturieren, wurde von Angermann Consult ein Datenraum aufgebaut und auf Basis der bestehenden Informationen ein Verkaufsexposé zusammengestellt.


Finanzplanung, aber auch der regelmäßige Liquiditätsforecast zeigten eine zu schließende Liquiditätslücke im zeitlichen Verlauf, die von Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern in der Zeitschiene zu schließen war. Da keine einvernehmliche Lösung gefunden wurde, war der kaufmännische Geschäftsführer mit insolvenzrechtlicher Beratung zur Anmeldung von vorläufiger Insolvenz in Eigenverwaltung gezwungen.

Vom Sanierungskonzept zum strukturierten Distressed M&A Prozess

von Axel Maack


Der durch die Hausbanken angestoßene und durch Angermann Consult aktiv begleitete Restrukturierungsprozess führte damit im Ergebnis zu einer Sanierung in Eigenverwaltung als notwendiger Rettungsoption. 


Am 12. Juni 2020 wurde beim Amtsgericht in Krefeld ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Auf Grundlage des ebenfalls durch Angermann Consult erstellten, rollierenden 13-Wochen-Liquiditätsforecasts ergab sich die zwangsläufige Zielstellung, dass das Insolvenzverfahren spätestens zum 01.09.2020 eröffnet werden musste.
 

Axel Maack
Geschäftsführender Partner Angermann Consult GmbH

Kernelement des vorläufigen Verfahrens stellte ein strukturierter, „multi-track“ M&A Prozess da, der ergebnisoffen alle Möglichkeiten, wie 

 

  • eine Investorenlösung mittels Insolvenzplan und Kapitalerhöhung (Share Deal) oder 
  • eine übertragende Sanierung mit dem vollständigen bzw. teilweisen Verkauf von Betriebsteilen / Ländergesellschaften / bestimmten Vermögenswerten und Schulden mittels Asset Deal(s) oder
  • eine Kombination aus den vorgenannten Szenarien

in Abwägung aller Optionen des Eigenverwaltungsverfahrens, berücksichtigen und umsetzen sollte. 


Selbstverständlich war gemäß Restrukturierungskonzept die Suche nach einem kapitalkräftigen, strategischen Partner zur nachhaltigen Sanierung des Verlages die große Hoffnung aller Betroffenen. 


Nicht zuletzt aufgrund des sehr engen Zeitfensters von nur gut neun Wochen bis zur Eröffnung des Verfahrens und der absehbaren Komplexität der Transaktionsstruktur, fiel die Entscheidung bei der Auswahl des M&A Beraters erneut auf Angermann Consult, der Spezialist innerhalb der Angermann Gruppe für „schwierige“ und zeitkritische Distressed M&A Transaktionen und enger Kooperations-Partner von Oaklins Germany.


Aufgrund der vor-insolvenzlichen Befassung konnte in nur 48 Stunden auf Basis des Sanierungskonzeptes eine äußerst umfangreiche Unternehmensdokumentation (Teaser, Informationsmemorandum, einsatzbereiter (vollständiger) Datenraum) erstellt sowie eine umfangreiche, internationale Long List potenzieller Investoren erarbeitet werden. Die Investoren-Ansprache konnte somit unmittelbar nach Mandatierung beginnen. 


Der M&A Prozess musste mit Unterstützung des weltweiten Oaklins-Netzwerks zwangsläufig international aufgestellt werden. Es war absehbar, dass es Interessenten für spezifische Auslandsmärkte - dargestellt durch separate Ländergesellschaften der Gruppe mit Sitzen in New York, London und Paris - geben würde. Die Gesellschaften waren in der Masse enthalten aber teilweise selbst nicht insolvent. Darüber hinaus befand sich eine weitere Besitzgesellschaft, die teNeues Grundbesitz GmbH & Co. KG, im Familienbesitz und war über ein Miet- und Sicherheitenverhältnis mit der teNeues Gruppe ebenfalls verbunden. 


Eine besondere Bedeutung kam der zeitnahen Neu-Bewertung des umfangreichen Warenlagers an gedruckten Buchtiteln und der dichten, teilweise vorfinanzierten Pipeline an zukünftigen Projekten (inkl. Corporate Books) für die Jahre 2021/22 zu. 


Nicht zuletzt aufgrund der Strahlkraft der Marke und des umfangreichen Portfolios an Rechten und Lizenzen war die Resonanz auf Investorenseite im Rahmen des M&A Prozesses äußerst hoch.


Letztendlich setzte sich der Weltbild Gruppe (eine Beteiligung der Droege Group) durch und übernahm das Bildband- und Corporate Publishing-Geschäft inklusive der Rechte und Lizenzen. Darüber hinaus wurden die Mitarbeiter aus den Bereichen Redaktion und Vertrieb sowie den beiden internationalen teNeues-Tochtergesellschaften in London und New York übernommen. Der komplexen Struktur der Gruppe und dem teilweise nicht insolventen Zustand einiger Gruppengesellschaften folgend, wurde der Verlag zum Übertragungsstichtag (01. Oktober 2020) im Rahmen eines kombinierten Share und Asset Deals an die Weltbild Gruppe übertragen. 
Im Ergebnis konnte die Marke teNeues innerhalb der renommierten Weltbild Gruppe erhalten und ein Großteil der Arbeitsplätze gerettet werden.


„Wir freuen uns, mit der Weltbild Gruppe einen starken Partner gefunden zu haben, mit dem wir ein nachhaltiges Wachstum von teNeues im Verlagsgeschäft fortsetzen können“, sagte Uwe Kießling, teNeues-Geschäftsführer in einer von der Weltbild GmbH & Co. KG am 30. September 2020 veröffentlichten Pressemitteilung.
 

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